Boote Redaktion
· 18.02.2023
Osmose? Schäden im Laminat zeigen sich erst, wenn der alte Antifouling-Anstrich komplett runter ist. In Teil 3 unseres Refit-Projektes widmen wir uns dem Unterwasserschiff.
Auch wenn moderne Farben deutlich länger „überleben“, für die Mehrzahl der Bootseigner steht fest: Das Unterwasserschiff braucht in jedem Frühjahr einen neuen Antifoulinganstrich. Da kommt in mehr als 25 Jahren einiges an Farbe zusammen. Und die muss jetzt restlos runter.
Wir und die Refit-Profis von Peter Wrede wollen wissen, was unter der dicken Farbschicht steckt. Im besten Fall harmlose Schrammen und Kratzer, im schlechtesten der Albtraum aller GFK-Boots-Eigner: Osmose. Dazu muss man wissen, dass die äußere Schutzschicht, der Gelcoat, wie jeder andere Stoff nicht wasserdampfdicht ist. Das bedeutet, jedes Rumpf-Laminat (die Verbindung aus Glasfasern und Laminierharz) nimmt in der Wasserliegezeit Feuchtigkeit auf, gibt sie aber in der Zeit, in der das Boot an Land liegt, wieder ab. Die Gefahr besteht darin, dass sich minderwertiges Harz unter Feuchtigkeitsbelastung auflöst.
Das Zersetzungsprodukt ist eine Säure, die sich in baubedingten Hohlräumen zwischen Gelcoat und Laminat sammelt, schreiben die Refit-Profis auf ihrer Website (www.yachtlackierung.de). Der Zersetzungsprozess, steht da, bleibt so lange unbemerkt, bis der Osmoseprozess den Druck in den Hohlräumen so stark ansteigen lässt, dass der Gelcoat Blasen bildet.
Erste Erkenntnisse über Ist-Zustand unserer Conquest liefert eine Schleifprobe. Gibt es hier Osmoseblasen, werden sie beim Schleifen „geköpft“ und danach als weiße Punkte auf dem freigelegten Gelcoat deutlich sichtbar. Das Untersuchungsergebnis in unserem Fall: ohne Befund. Letzte Gewissheit darüber, ob es einen Osmoseschaden gibt und wie die Substanz des Unterwasserschiffs im Ganzen aussieht, kann es jedoch endgültig erst nach den Strahlarbeiten geben. Dabei wird der Gelcoat im Rotoblast-Verfahren schonend und dennoch „lupenrein“ freigelegt.
Der perfekte Arbeitsplatz, Wredes Rungensystem, an dem das Unterwasserschiff ohne Fehlstellen „aus einem Guss“ bearbeitet werden kann, steht in einer klimatisierten Halle mit konstant 20 Grad. Bevor der „Strahlemann“ loslegen kann, wird mithilfe eines Lasers die zu erwartende Schwimmlage plus 6 cm „Schwabbelwasserkante“ sauber ausgestrakt. Alles, was darüberliegt, haben die mit Schutzanzügen bekleideten Männer strahlfest verpackt.
Nach dem Strahlen kommen die nackten Tatsachen. Das Unterwasserschiff wird Stück für Stück von allen Seiten mit einer UV-Schwarzlicht-Prüflampe gründlich auf Osmose untersucht. Ergebnis: „Alles im grünen Bereich.“ Auch die gemessenen Feuchtigkeitswerte sind unbedenklich. Diagnose: Der „Patient“ hat keine Osmose.
Ein Grund zum Feiern? Leider nicht. Peter Wredes Profiteam hat genau hingesehen und bei der gründlichen Sichtprüfung festgestellt, dass der Gelcoat im Unterwasserbereich in einem sehr schlechten Zustand ist. Strukturelle Haarrisse, Gelcoat-Ablösungen, große Poren, partiell ausgedünnter Gelcoat, tiefe Kratzer, die beim Slippen und Trailern entstanden sind, und dazu jede Menge „Kleinkram“.
Resümee der Spezialisten: Die Mängelliste ist so lang, dass es arbeitstechnisch sinnvoll ist, den Gelcoat im deutlich intensiveren Shotblast-Verfahren komplett bis zum Laminat abzutragen. Nur so kann man sicher sein, dass im Bearbeitungsbereich keine Untergrundrisiken verbleiben, die in den nächsten Jahren für Ärger sorgen können. Also, es gibt viel zu tun.